Fourier-Transformation

Die Fourier-Transformation gilt als Schreckgespinst der Ingenieur­wissenschaften. Sie scheint die Rache der Mathematik zu sein für so manchen Spott, den sie als Hilfswissenschaft verkraften muss. Zugleich bildet sie aber eine wichtige Grundlage moderner Elektronik und Kom­munikations­technik.

Mit dem Ziel, Fouriers geniale Erkenntnisse experimentell greifbar zu machen (und dadurch auch Zeit und Mühe für den Themeneinstieg im Unterricht zu sparen), entstand ein Applet, mit dem sich jeder Schritt der Herleitung anschaulich und interaktiv nachvollziehen lässt. Die nachfolgenden Abschnitte bilden einen kurzen Ausschnitt aus dem Unterrichtseinstieg im Thema „Signale und Systeme“.

Das Applet stellt  ein Signal im Zeitbereich (oberes Drittel) seinen spektralen Komponenten gegenüber. Diese bestehen aus den einzelnen Amplitudenwerten (Mitte) und deren Phasenlagen (unten). Das Spektrum beginnt bei 0 Hz und steigt in 100-Hertz-Schritten an. Der Schieberegler oben rechts bestimmt die zeitliche Auflösung; also die Anzahl der Samples, mit denen der betrachtete Zeitabschnitt abgetastet wird.

Einen günstigen Einstieg bildet die Fourier-Reihe. Fassen wir sie als „Baukastensystem für beliebige periodische Funktionen“ auf: Als Bausteine verwenden wir Kosinus-Funktionen, die wir in vertikaler Richtung strecken und stauchen können, indem wir die Amplitude ändern. Durch eine Anpassung ihrer Phasenlage lässt sich eine seitliche Verschiebung realisieren.

So ergibt die Kombination zweier Schwingungen mit 200 Hz und 1300 Hz den nebenstehenden Graphen, der sich in diesem konkreten Fall durch die Funktion

y= 50\cdot \cos(200\;\mathrm{Hz} \cdot 2 \pi t) + 25\cdot \cos(1300\;\mathrm{Hz} \cdot 2 \pi t)

beschreiben lässt. Die Werte 50 und 25 bilden die Amplituden, also die Gewichtungen der spektralen Anteile.

Testen Sie, welche Auswirkungen eine Änderung der beiden Amplituden oder ihrer Phasenwinkel auf die Zeitfunktion hat.

Fourier erkannte, dass sich aus diesem Baukasten jede stetig differenzierbare periodische Funktion zusammensetzen lässt. Die Fourier-Transformation liefert die Antwort auf die Frage, welche Anteile (mit welchen Phasenlagen) addiert werden müssen, um eine betrachtete Zeitfunktion zu erhalten.

Die Zuordnung ist dabei ein-eindeutig: Aus der Zeitfunktion lässt sich eindeutig ihr Spektrum berechnen, und dieses Spektrum liefert bei der Umkehrung (inverse Fourier-Transformation) wieder exakt die gleiche Zeitfunktion.

Testen wir dies an der in der Systemtheorie vielgenutzten Rechteckfunktion. Die Transformation in den Frequenzbereich liefert für diesen Fall eine unendliche Fourier-Reihe:

f(t)=  \sum_{k=1}^\infty \frac{\sin((2k-1)\omega t)}{2k-1} = \sin(\omega t) + \frac13\sin(3\omega t) + \frac15\sin(5\omega t) + \ldots

Die Zeitfunktion lässt sich demnach zusammensetzen aus der Grundschwingung sowie unendlich vielen ungeraden Oberwellen, deren Amplitude sich reziprok zu ihrer Frequenz verhält und somit bei höheren Frequenzen allmählich irrelevant wird.

Auch im Applet lässt sich genau dieses Verhalten beobachten: Die Beispielfunktion besteht aus einer 200 Hz-Grundschwingung. Die zweite Oberwelle fehlt, die dritte Oberwelle (600 Hz) hat nur noch ein Drittel der Grundschwingungs-Amplitude, bei 1000 Hz ist es nur noch ein Fünftel u.s.w.

Probieren Sie, was passiert, wenn man einzelne Frequenzanteile entfernt oder verstärkt und wenn man die Anzahl der Samples (und damit die Breite des Spektrums) verändert.

Die gezeigte Zerlegung lässt sich mit jeder beliebigen periodischen Funktion durchführen. Das Applet legt zur Vereinfachung den betrachteten Zeitabschnitt auf 10 Millisekunden fest. Alle ermittelten Frequenzen müssen demnach Vielfache von 100\;\mathrm{Hz}=\frac{1}{10\;\mathrm{ms}} sein, denn aus anderen Frequenzen lassen sich keine 10-Millisekunden-Aschnitte bilden, die periodisch fortgesetzt werden können.

Wählte man den betrachteten Zeitabschnitt größer, so würde der Abstand der Spektrallinien geringer. Bei Betrachtung eines unendlich langen Zeitfensters ergäbe sich der Übergang vom diskreten zum kontinuierlichen Spektrum.

Auch im Zeitbereich nutzt das Applet diskrete Samples, wodurch die Breite des Spektrums (also seine höchste Frequenz) beschränkt wird. Je enger die Samples im Zeitbereich gesetzt werden, desto breiter wird das Spektrum. Beim Übergang zu einer kontinuierlichen Zeitfunktion (also infinitesimal eng liegenden Samples) entsteht ein unendlich langes Spektrum.

Das Applet stellt die Verknüpfung der diskreten Fouriertransformation (DFT) zur kontinuierlichen FT her, indem im Zeitbereich neben den diskreten Samples zusätzlich der berechnete kontinuierliche Graph gezeichnet wird.